TONI SEILER

JOGGER UND HUNDE!

Oder:

Die Geschichte von den beiden, die sich nicht verstehen?

Der eine - der Jogger - ist meist kein Hundekenner oder gar Hundefreund und macht sich nicht viele Gedanken über jene, die auf vier Beinen auf ihn zu- oder hinterher rennen.

Der andere - der Hund - kann sich keine Gedanken um diese "flüchtenden" Zweibeiner machen, weil er eben nicht denken kann.

Nun bei näherem Betrachten der beiden, muß man zwangsläufig fragen: Warum machen sich die Läufer nicht einmal die Mühe und lesen ein Buch über das Hundeverhalten? (Sehr zu empfehlen: "Mit dem Hund auf Du" -von Eberhard Trumler- und "Der Hund" von Erik Zimen)!

Die gleiche Frage stellt sich mir aber auch, wenn ich mir das Verhalten von vielen Hundebesitzern ansehe.

Die wissen nämlich in den meisten Fällen auch nicht, warum Ihr Hund so gerne Jagd auf Jogger macht.

An dieser Stelle wird mir jeder Jogger entgegenhalten: Was interessiert es mich warum der Hund Jagd nach mir macht, ich möchte nur in Ruhe meinen Lauf machen und nicht erst ein Studium über Hundeverhalten absolvieren.

Soweit so gut.

Aber...., kann nicht - diesen Gedanken zu Grunde gelegt - jeder Ferrarifahrer für sich in etwa das gleiche in Anspruch nehmen? Er will ja auch nur mit Tempo 300 km/h mal eben von Hamburg nach München fahren und dabei von den Anderen - den Langsameren - in Ruhe gelassen werden.

Ich hoffe, dieses Beispiel zeigt, daß wir ALLE - mit etwas mehr Verständnis und Toleranz Anderen gegenüber - zu einem besseren Miteinander kommen können!

Das gleiche gilt übrigens für das Verhältnis von Joggern und Hundehaltern zu Jägern und umgekehrt!

Als Betreiber einer Hundeschule möchte ich hier aber die Gelegenheit nutzen, all den Läufern, die diese Zeilen lesen, die Möglichkeit zu eröffnen mit einigen fachlichen Informationen und Ratschlägen ihre Freude am Laufen zu erhalten oder - noch besser - die Freude am Laufen zu steigern!

Um es gleich vorweg zu nehmen: Es gibt keine garantierten Regeln um Zwischenfälle mit Hunden auszuschließen!

Aber ..... man kann das Risiko minimieren.

Da alle Hunde vom Wolf abstammen, haben sie noch sehr viele von ihm ererbte Verhaltensmuster.
Dazu gehört unter anderem, daß alles was sich schnell bewegt entweder angreift oder flüchtet.
Das heißt für den Läufer, er muß sich darüber klar sein, daß ein Hund auf den er zuläuft, dies als Angriff und im Falle des vom Hund weg Entfernens der Hund dies als Flucht empfindet.
In vielen Fällen tut der Jogger aus Sicht des Hundes beides. Dann nämlich, wenn der Läufer entgegenkommt, vorbeiläuft und weiterrennt.
Weder Jogger noch Hundehalter sind sich über diese Tatsache im Klaren.
Klar sein sollte man sich auch darüber, daß nicht jeder Hund auf die gleiche Art und Weise reagiert. Die Reaktionen eines Hundes auf einen Läufer reichen von ängstlich bis agressiv. Wobei von entscheidender Wichtigkeit ist, ob der Hund an der Leine geführt wird (hier ist er meist sehr "stark"), oder ob er unangeleint frei herumläuft.

Im ersten Fall wird er häufig anfangen zu bellen, wenn der sich nähernde Läufer eine gewisse Distanz zum Hund und dessen Frauchen oder Herrchen unterschreitet. In der Regel tun dies Hunde deren "Führer" schon häufiger das abwehrende Verhalten ihres Hundes bei Joggern erlebt haben und dann selbst unruhig werden wenn sie einen Läufer sehen. Sie versuchen dann ihren Hund - meist um Ärger zu vermeiden - schon bevor der Läufer da ist, zu beruhigen. Der Hund empfindet diese Unruhe von Frauchen oder Herrchen als Angst.

Die Folge ist vorprogrammiert.

"Wer meinem Rudel Angst macht, muß böse sein."

Also wird der Hund versuchen den, der seinem Rudel Angst macht, zu vertreiben. Als Läufer kann man zumindest in einer solchen Situation davon ausgehen, daß der Hundeführer in der Regel seinen Hund durch die Leine unter Kontrolle hat.

Da Ausnahmen immer die Regel bestätigen, rate ich den Läufern beim Annähern an ein "Gespann" Mensch-Hund, Ihr Lauftempo in Schritt zu wechseln und dies beizubehalten, bis man genügend weit von beiden entfernt ist. (Ca. 30 m davor und danach)

Den Idealfall würde ich aber darin sehen, wenn sich Jogger und Hundebesitzer bei ihren ersten Begegnungen erst einmal miteinander reden um sich kennenzulernen und um dem Hund die Gelegenheit zu geben, diesen Läufer als "Freund" und nicht als Angreifer zu erkennen. Der Vorteil besteht darin, daß der Hundebesitzer sich dann zukünftig entspannt und ohne jegliche Unruhe mit seinem Hund diesem Läufer begegnet und dem Hund keinen Grund zur Aggression gibt.

An die Adresse der Hundebesitzer sei hier klar und deutlich gesagt: Rücksicht, Vernunft und Anstand gebieten es, daß man als Hundeführer seinen Hund an der Leine führt, wenn einem Leute begegnen. Dabei ist es völlig unerheblich ob diese zu Fuß gehen, Laufen oder per Fahrrad unterwegs sind und auch dann, wenn der Hund perfekt ohne Leine bei Fuß gehen würde!

Erwähnen muß man an dieser Stelle aber auch, daß es leider auch Hundebesitzer gibt, die es mögen oder sich sogar freuen und stolz darauf sind, wenn ihr Hund Aggression gegen andere Menschen zeigt.

Hier handelt es sich aus meiner Sicht um Profilneurotiker die ihren Hund als "Ersatzmuskel" mit sich führen. Eine weitere Bewertung dieser Spezies Mensch überlasse ich jedem Leser selbst.

Im zweiten Fall, dem freilaufenden Hund, sollte man als Läufer unter allen Umständen sein Tempo verringern, wenn nicht sogar stehen bleiben um Ausschau nach dem Hundebesitzer zu halten. Ist dieser in der Nähe, sollte man ihn rufen und ihn bitten seinen Hund an die Leine zu nehmen.
Einige Hundebesitzer rufen in solchen Situationen: "Der macht nix !" Als Läufer sollte man sich darauf aber nicht verlassen. (Es sei denn Sie kennen den Betreffenden).
Einsichtige, vernünftige Hundebesitzer nehmen spätestens jetzt ihren Hund an die Leine. Sollte er dies jedoch trotz Ihrer Aufforderung nicht tun und einer vernünftigen Argumentation nicht zugänglich sein, so rate ich bei Ihrem zuständigen Ordnungsamt vorzusprechen und sich nach den jeweiligen - regional verschiedenen - Bestimmungen zu erkundigen und gegebenenfalls eine Anzeige zu erstatten.

Treffen Sie als Läufer auf einen freilaufenden "herrenlosen" Hund, dann sollten Sie auf gar keinen Fall versuchen wegzulaufen - er ist immer schneller als Sie - noch sollten Sie versuchen den Hund zu verjagen, nach dem Motto: Angriff ist die beste Verteidigung. Je nach Wesen des Hundes würde er sich in einer solchen Situation, in der er ganz offensichtlich angegriffen wird, zur Wehr setzen. Und das letztlich mit seinen Waffen - seinem Gebiß.

Allen "Möchtegern-Rambos" die glauben einem Hund braucht man ja nur gegen die Schnauze (Nase) zu schlagen oder zu treten um ihn kampfunfähig zu machen, sei hier klar und deutlich gesagt: Diejenigen, die das schon einmal probiert haben, sind zu ihrem zweiten Versuch nicht mehr gekommen! Ein mittelgroßer Hund (z.B. Dalmatiner, Golden-Retriever etc.) ist in der Lage einen ausgewachsenen, gesunden und kräftigen Mann lebensgefährlich wenn nicht sogar tödlich zu verletzen.
An dieser Stelle möchte - nein muß ich Sie davor warnen, mit allen derzeit so vielversprechend angepriesenen Sprays - Dog Stop - Hundeabwehr usw., einen Hund in die Flucht zu jagen.
Selbst der friedfertigste Hund wird beim Einsatz von Sprays - wenn er denn vom Strahl überhaupt getroffen wird - wie wild um sich beißen und die Aggression in die er dadurch gerät, ist weit höher und gefährlicher als zuvor!

Eine weitere Verhaltensweise, die Sie als Läufer besser bleiben lassen sollten, ist den Hund durch Kommandos zu beeindrucken. Auch hier kann eine Aggressionssteigerung hervorgerufen werden.

Spätestens jetzt wird jeder Leser fragen: Was kann man überhaupt bei einem herrenlosen Hund tun?

Nun, hier kommen wir durch die Vielschichtigkeit dieses Problems an die Grenze dessen, was man ohne "Verhaltensstudium" - wie anfangs erwähnt - gefahrlos bewältigen kann.

Verlassen Sie sich nicht auf die guten alten Ratschläge von Freunden, Nachbarn, Verwandten und sogenannten Hundekennern. Z.B.: Wenn der Hund mit der Rute wedelt, dann ist er freundlich gestimmt oder er will spielen.
Das mag in vielen Fällen durchaus so sein. Aber es gibt genügend Situationen, in denen der Laie den Unterschied der verschiedenen Arten des Wedelns (aus Freude oder Aggression) nicht erkennen kann.
Die Folgen, die aus dem Mißverständnis aggressives Wedeln mit freundlichem Wedeln zu verwechseln entstehen, könnten fatal sein.
Ein weiterer Irrglaube besteht darin, daß man den Hund nur starr genug mit den Augen fixieren soll und er würde Angst bekommen.

Tun Sie es besser nicht!

Es wäre aus der Sicht des Hundes eine Bedrohung, die sich viele Hunde nicht gefallen lassen.

Eines der häufigsten menschlichen Fehlverhalten besteht darin, daß sie sich nach vorne über einen Hund beugen.
Machen Sie einmal den Versuch und setzen Sie sich in die Hocke. Lassen Sie nun einen anderen Menschen sich nach vorne über Sie beugen und blicken dabei nach oben. Sie werden sehr schnell erkennen, wie unangenehm es ist, diese "Masse-Mensch" in diesem Moment so bedrohlich über sich zu haben.
Ich denke, nach diesem Versuch werden Sie künftig entweder gerade stehen bleiben oder noch besser in die Hocke gehen, weil dadurch die Bedrohung durch große bedrohliche Erscheinung entfällt.
Dies kann natürlich nur der tun, der selbst keine Angst vor dem betreffenden Hund hat.

Als Fazit kann man nun aus dem vorerwähnten ziehen:
Wenn Sie einen freilaufenden herrenlosen Hund antreffen, bleiben Sie ersteinmal ruhig stehen. Drehen Sie sich - wenn möglich - immer so, daß Sie seitlich zum Hund stehen. Lassen Sie Ihre Hände und Arme unten, vor dem Körper.
(Die Herren sollten dies schon aus Gründen der Familienplanung tun)

Da viele Jogger als ständige Ausrüstung eine Bauch- oder Rückentasche mit sich führen, sollte man in Zukunft den Inhalt durch "Hunde-Leckerchen" ergänzen.
Man kann damit ohne weiteres so manchen Hund "besänftigen" und gibt die Möglichkeit sich aus dem Gefahrenbereich heraus an einen sicheren Ort (Auto, Haus, Hochstand etc.) zu begeben.
Im schlimmsten Falle, wenn ein Hund Sie angreifen sollte, könnte eben die vorerwähnte Bauch-oder Rückentasche dazu dienen, sie dem Hund so hinzuhalten, daß er in eben diese Tasche und nicht in einen Ihrer Körperteile beißt.

Alle von mir beschriebenen und angeratenen Verhaltensweisen sind - wie schon Eingangs erwähnt - keine Garantie um unbeschadet alle eventuellen Hundeattacken zu überstehen. Aber ich hoffe, daß ich damit einen kleinen Beitrag dazu geleistet habe, daß Sie in Zukunft Ihr schönes Hobby - das Laufen - mit noch mehr Freude als bisher ausüben können!

Für Fragen und Anregungen sowie jegliche Art von Kritik stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

Toni Seiler    Tel.: 06432-6697    Fax.: 06432-911129




Toni Seiler ist der absolute Fachmann was Hunde und deren Erziehung angeht, aber auch bei Wölfen kann Toni ein "Wörtchen" mitreden!

An den regelmäßigen Heulgesang seiner Rudel von Arktis- und Europäischen Wölfen haben sich die Einwohner von Niederneisen schon längst gewöhnt und seine Wölfin Inge hat den absoluten Solo-Part in "Laufen wie ein Wolf".

Vielleicht gibt Ihnen ja Tonis Hundestory noch den letzten Kick für Ihr Lauftraining was Sicherheit und "Lust auf Hund" angeht!

Wenn Sie noch keinen vierbeinigen Begleiter haben: die Tierheime suchen händeringend gute Plätze für ihre Schützlinge bei denen artgerechte Haltung möglich ist!

Bei der Wahl der richtigen "Rasse" als Laufbegleiter ist ein Husky wohl der Favorit was Ausdauer und Lauflust angeht - aber letztendlich ist jeder freundliche Langbeiner geeignet, der mithalten kann! Noch ein Tip von einer Husky-erfahrenen Long-Distance Läuferin?

Um Freihändigkeit und stilvolle Haltung beim Lauf mit angeleintem Hund zu gewährleisten ist es sinnvoll eine nicht zu lange, dehnbare Leine an einem Bauchgurt zu befestigen. Das hat auch den Vorteil, daß die Zugkraft des vierbeinigen Begleiters bei temperamentvollen Einlagen - aus welchen Gründen auch immer ( Wildwechsel einer Maus ) optimal abgefangen und verteilt werden kann!

Diese freie Handlungsfähigkeit garantiert ja auch noch als letzte Rettung die Möglichkeit, sich an den nächsten Baum zu klammern!

Tempostops durch Schnupper - oder Markierungsgewohnheiten sind gut für das Kreislauftraining ( Sie können ja auf der Stelle hüpfen solange "Er" das Bein hebt ) - der Vierbeiner sollte aber lernen sich dem Zweibeiner insofern anzupassen, daß diese Unterbrechungen nicht "alle Naslang" passieren. - Einigen Sie sich doch auf einen bestimmten Abstand von - sagen wir mal 500-1000 Meter und für den Beginn der Strecke eben ein paar "Extras" - na gut!

Die "Tageszeitung" will ja auch gelesen werden. Und entsprechende Nachrichten für den "Rest der Welt" sind von immenser Wichtigkeit! Ansonsten - geben Sie Ihrem Begleiter Liebe und möglichst viele Kilometer - und ich garantiere Ihnen : Sie wollen nie mehr "ohne" laufen!

Ihre Eva Selbach